Winkelmann

Archäologe, Bauer und Gemeinderat

(von Josef Auer)

Dr. Friedrich Winkelmann hat 28 Jahre lang in Pfünz gelebt und gewirkt. Durch seine archäologischen Forschungen hat er die Basis für die Pfünzer Geschichte gelegt. Wir wollen ihn würdigen und seine Lebensgeschichte hier dokumentieren.

Dr. Friedrich Winkelmann lebte und arbeitete von 1882 bis 1910 in Pfünz. Berühmt ist er wegen seiner Ausgrabungen am Pfünzer Kastell, als Reichslimeskommissar und nichtzuletzt als Schlossbesitzer geworden. Aber was wissen wir sonst über ihn?

Herkunft
Sein Vater, Karl Friedrich Winkelmann, geb. am 19. April 1822, war Hofapotheker in Oehringen. Am 25. Febr. 1851 heiratete er Friederike, die Tochter des verstorbenen evang. Pfarrers Tobias Tiberius Friedrich Jopp von Kirchheim am Ries. Am 24. Dezember 1852, also am Heiligen Abend, kam ihr Sohn Friedrich Theodor Winkelmann, zur Welt.
Friedrich besucht von Mai 1862 an die Lateinschule in Oehringen, wo der 1838 in Tübingen geborene Historiker Otto Keller sein Lehrer war. Diesem verdankte Winkelmann sehr viel, besonders sein großes Interesse für das römische Altertum. Keller hat 1871 eine Schrift Vicus Aurelii herausgegeben, in der er das ganze damalige Wissen über die Vorgeschichte und die römische Zeit von Oehringen und seiner Umgebung zusammengestellt und geschichtlich ausgewertet hat.. Keller war auch bei den Funden zugegen, die beim Bau der Eisenbahn 1861 in Oehringen gemacht worden sind. Sein gelehriger Schüler Winkelmann war damals noch nicht neun Jahre alt, aber er hat noch in seinem 80. Lebensjahr mit Begeisterung von der Auffindung der römischen Bildwerke erzählt. Nachdem Winkelmann die Lateinschule durchlaufen hatte, besuchte er zwei Jahre lang das Gymnasium in Heilbronn. Da er vorhatte, Theologie zu studieren, lernte er hier nebenher Hebräisch. Immer mehr jedoch litt Winkelmann unter der Schwäche seiner Augen. Sie erlaubte ihm bald nicht mehr, in der Schule oder zu Hause schriftliche Arbeiten zu machen oder zu lesen. Und so mußte er zunächst auf seinen Plan, zu studieren, verzichten. Aber trotz seiner Behinderung machte er 1870 die Reifeprüfung und zwar als zweitbester des ganzen Landes. Daraufhin studierte er doch einige Semester in Tübingen, zunächst Philosophie, bald aber Medizin. Das Medizinstudium setzte er dann in dem 1871 deutsch gewordenen Straßburg fort bis zum Physikum. Das weitere Studium mußte er aber seiner Augen wegen aufgeben. Er ging nun in eine Gartenbauschule und lernte Landwirtschaft. 1877 verließ seine Mutter Friederike Oehringen und zog nach Würzburg; der Vater war bereits 1866 verstorben.

Heirat und Bürgerrecht
1882 im Alter von 30 Jahren, ging Winkelmann nach Bayern und kaufte ein zunächst kleines Gut in Pfünz. Für den 11.11.1882 vermerkt das Protokoll des Gemeindeausschusses: „Nach vorausgegangen erfolgter Einladung erschienen heute die Gemeindebevollmächtigten in Pfünz. Das Gesuch des Fr. Winkelmann, um Verleihung des Bürgerrechtes wurde eingehend geprüft und beschlossen, es sei dem Fr. Winkelmann das Bürgerrecht zu verleihen. Einsprüche gegen seine Verehelichung wurden nicht erhoben.“ Winkelmann heiratete am selben Tag Anna Jopp. Sie war am 20. Dez. 1860 geboren und die Tochter des Gutsbesitzers Fr. Jopp in Rohrenfels bei Neuburg. 1890 siedelte seine Mutter – vermutlich mit seiner kleine Schwester Luise Friederike – von Würzburg zu ihm nach Pfünz über.

Der Schloßgutbesitzer und (Steuer-) Bürger
Im Laufe der Jahre vergrößerte er das Anwesen sehr und schuf eine stattliche Obstbaumschule. Neben dem Schloß (alte Hausnummer 26), Burghaus (Nr. 27 1/3) und dem Krieglhof (Nr. 27 ½) gehörten der Familie Winkelmann wenigsten zeitweise die alten Hausnummern 12 und 20. Man darf annehmen, daß der Schwiegervater Jopp beim Erwerb des Gutes in Pfünz mitgewirkt hat. Der größte Teil des Besitzes hat aber Winkelmanns Mutter gehört. Die Gemeindeprotokolle geben Auskunft darüber, daß im Jahre 1888 Abstimmungen nach der Steuerkraft der Gemeindemitglieder vorgenommen wurden. Die größeren Grundbesitzer hatten mehrere Stimmen (7-15), der Durchschnitt 2 Stimmen und die restlichen stimmberechtigten Gemeindemitglieder hatten je 1 Stimme.

Wenn bei größeren Anschaffungen die Gemeindekasse in Schwierigkeiten kam, wurden vom Gemeinderat zur Behebung des Haushaltsdefizits in der Regel die Umlagenhundertsätze angehoben; dazu war aber zumindest in der Zeit zwischen 1902 und 1914 die Zustimmung der Höchstbesteuerten erforderlich, die zusammen mehr als ein Drittel der Gemeindeumlagen zahlten – also die Hauptbetroffenen von Steuererhöhungen waren. Zu den Höchstbesteuerten gehörte neben Beyer und Reißer die Privatiere Friederike Winkelmann. In der Regel nahm Fritz Winkelmann in Vertretung seiner Mutter an den Abstimmungen teil. Dies war z. B. im Jahre 1908 der Fall bei der Anschaffung der erst im Jahr 1996 wieder restaurierten Orgel.

Am 9. März 1904 gestattet der Gemeinderat Friedrich Winkelmann und seiner Ehefrau auf Lebzeit, über die Gemeindewiese an der Straße Plan-Nr. 395 auf den Lehenhof zu gehen, seine Leute gehen zu lassen, gegen Abgabe von 20 M jährlich“.

Der Archäologe Winkelmann
Wir sahen, daß Winkelmann von seinem Lehrer Keller in Oehringen ein besonderes Interesse für die Römer mitbrachte. Und nun lagen seine Grundstücke zum Teil auf der Höhe südlich vom Ort Pfünz, dem sogenannten Altkirchenfeld, im Gebiet eines, wie sich bald zeigen sollte, an römischen Kulturresten reichen Bodens, nämlich im Kastell Pfünz. 1884 begann er mit der Aufdeckung der im Boden steckenden Ruinen und er setzte diese Grabungen durch lange Jahre fort. 1886 wurde auf sein Betreiben der Historische Verein Eichstätt gegründet und auf der Willibaldsburg eine Sammlung angelegt. Einen Hauptteil ihres Bestandes bilden die von Winkelmann ergrabenen römischen Reste von Pfünz. 1886 tauscht Winkelmann vom Besitzer der Hausnummer 1 eine Fläche im Bereich des Prätoriums Pl-Nr. 147 ein. 1887 schlägt der Historische Verein vor, die wichtigsten Teile des Kastell-Areals zu kaufen. Winkelmann tritt die Teile, die auf seinem Grund stehen, an den HV ab. 1888 übergibt Friedrich Winkelmann alle jene im römischen Standlager gefundenen Gegenstände der Gemeinde als Eigentum unter der Bedingung, daß die Sammlung in einem dem Herrn Winkelmann gehörigen Gebäude zur Besichtigung aufgestellt wird und das Vervielfältigen der Funde (Abzeichnen) nur unter Genehmigung v. Winkelmann geschehen kann. Diese Vorrechte fallen weg, sobald Winkelmann die Sammlung nicht mehr behalten will; die Gemeinde ist hernach unbeschränkte Eigentümerin.

Am 9. Nov. 1899 hat der HV Eichstätt „für die der Gemeinde gehörenden in Verwahrung durch H. Winkelmann befindlichen römischen Altertümer 275 M geboten. Der Gemeinderat beschließt, das Angebot anzunehmen und genehmigt den Verkauf unter der Bedingung, daß der Kaufpreis binnen drei Wochen erlegt wird“. Für die Grabungen hat Winkelmann selbstverständlich auch einheimische Kräfte eingesetzt: Es war im Frühjahr 1899 – so schreibt F. Winkelmann im Heimgarten 1933 – daß der alte Taglöhner Nikolaus Buchberger (1828-1909), genannt der Klos (Anm. D. Verfassers: „Glousn“, Kurzform für Nikolaus), auf den für die Kenntnis der Geschichte unserer Gegend so wichtigen Münzschatz stieß und ihn sorgfältig sammelte. Die philosophische Fakultät der Luwdig-Maximilians-Universität in München verlieh Winkelmann 1910 die Ehrendoktorwürde.

Grab in Öhringen

Der Gemeinderat Winkelmann
Winkelmann war kommunalpolitisch stark engagiert. Bei der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Pfünz im Jahre 1885 war er Gründungsmitglied. Er unterschrieb als vierter auf der Liste, sein Alter ist mit 33 Jahren angegeben, Beruf Gutsbesitzer (Nr. 26), seine Funktion war Hauptmann. Am 25. Jan. 1888 unterschreibt Winkelmann Friedrich erstmals als Mitglied des Gemeinderates. Am 24. Dez. 1888 wird der Beigeordnete Fr. Winkelmann zum Stellvertreter für den erkrankten Abgeordneten zur Schulsprengel-Verwaltung Landershofen bestellt (die Pfünzer Kinder gingen damals in Landershofen zur Schule). Am 19. Nov. 1895 wird Fritz Winkelmann als Vertreter der Gemeinde Pfünz in den Landwirtschaftlichen Bezirksverein gewählt. Am 5. Sept. 1901 wird Winkelmann zum Obmann der Gemeinde Pfünz für den Fischereiverein Altmühl gewählt. Am 11. Okt. 1901 wird Winkelmann wiederum zum Vertrauensmann in den Landwirtschaftlichen Bezirksverein Eichstätt gewählt. Winkelmann ist Mitglied des Gemeinderates bis 1906.

Weggang der Familie Winkelmann
Am 18. Jan. 1909 starb Winkelmanns Mutter im Alter von 83 Jahren; sie wurde im Familiengrab in Oehringen beigesetzt. Für die Gemeinde Pfünz war dies finanziell ein herber Verlust: als am 26.Okt. 1909 der Haushalt für das kommende Jahr aufgestellt wird, muß die Gemeindeumlage auf 170 % u. a. deswegen erhöht werden, weil das Steuersoll infolge des Ablebens der Frau Frieda Winkelmann zurückgegangen ist. 1910 kauft Meier Benedikt (Haus-Nr. 1) den Schlüsselacker am Kirchenberg von Winkelmann. 1911 im Alter von 59 Jahren gab Winkelmann die Landwirtschaft auf und siedelte nach Eichstätt über, um sich vor allem seinen archäologischen Studien und Arbeiten zu widmen. In den Jahren 1912 und 1913 beklagt die Gemeinde bei den zuständigen Behörden, daß das Steuersoll wegen des Wegzug der Familie Winkelmann zurückgegangen sei. Friedrich Winkelmann ist am 22. Juni 1934 im Alter von 81 Jahren in Eichstätt verstorben; auch er wurde im Familiengrab in Oehringen beigesetzt.